Ein positiver Nebeneffekt von Corona?
Sehr viel Positives gibt es in diesen Tagen nicht zu berichten, auch wenn die Corona-Krise ein paar unerwartete Lichtblicke bieten kann. Die Natur wird nicht mehr so von Menschen gestört und kann sich mehr herausnehmen, wie zum Beispiel diese kecken Ziegen in Wales. Freunde berichten, sie würden allgemein mehr Vögel sehen und hören, was nicht nur anekdotisch zu sein scheint. Und endlich kann man wieder tief einatmen, da sich die Luftqualität erheblich verbessert hat. Und was bedeutet das für die Verkehrswende?

Verkehrswende durch die Hintertür?
Was wir mit sehr viel Interesse verfolgen ist die neue Verkehrsplanung, die sich plötzlich in vielen Städten einschleicht. Fußgänger (und in einigen Regionen auch Radfahrer) brauchten eigentlich schon immer mehr Platz als sie eingeräumt bekamen – aber auf einmal aber ist es wahrlich lebenswichtig, dass sie ihn bekommen. In Brüssel wurden einfach mal die Ampeln ausgeschaltet. Fußgänger und Fahrradfahrer haben jetzt Vorrang und Autofahrer müssen auf sie achten. Bei einem Tempolimit von 20. Der Bau weiterer Fahrradwege ist außerdem geplant.
In Wien wurden Wissenschaftler der Technischen Universität damit beauftragt, die Bezirke zu identifizieren, in denen es besonders schwierig ist, einen Sicherheitsabstand einzuhalten. Die Stadtregierung richtete darauf gleich Begrenzunszonen ein. Pläne, die jede Straße in Paris bis 2024 fahrradfreundlich zu gestalten werden aufgrund der Corona-Krise vorgezogen. Vielerorts klappt es also plötzlich mit der lang überfälligen und zum Teil schon lang geplanten Verkehrswende.
Mehr als nur Verkehrsplanung
Aber nicht nur auf den Verkehr wirkt es sich positiv aus, dass weniger Autos unterwegs sind. In Vilnius öffnet die Gastronomie wieder – wenn auch zunächst nur draußen. Die Litauische Hauptstadt verwandelt sich zu einem riesigen Open-Air Café. Über 200 Unternehmen gefällt die Idee – wenn nur hoffentlich das Wetter auch ein wenig mitspielt. Auch in Kanada macht man sich über diese Maßnahmen Gedanken.
Weniger Autos bedeutet auch, dass wieder mehr Kinder auf den Straßen spielen können. Einige Städte planen, einige Straßen an Sonn- und Feiertagen für Fahrzeuge sperren, und somit Kindern freien Lauf zu lassen.
Einen der ambitioniertesten Pläne hat Mailand für die Zeit nach dem Lockdown vorgestellt, mit temporären Fahrradwegen, neuen und erweiterten Fußwegen, 30 km/h Tempolimit und Straßen, auf denen Fußgänger und Radfahrer Vorrang haben sollen. Der durchschnittliche Arbeitsweg beträgt 4km, also sollte es für viele Bewohner möglich sein, vom Auto aufs Rad umzusteigen. Auch der ADFC äußert sich positive zu Mailands Beispiel.

Was kommt nach Corona?
Allgemein läßt sich also durchaus ein weltweiter Trend erkennen, die Verkehrswende zu beschleunigen. Es gibt Hoffnung, dass dies langlebige Veränderungen sind und sich die Uhr nicht ohne weiteres zurückdrehen lassen wird. Haben Bürger erst einmal erlebt, wie gut sich mit dem Rad pendeln läßt – solange ein sicherer Anfahrtsweg gegeben ist – bleiben viele hoffentlich dabei. Die Pop-Up-Radwege könnten also als Test dienen und somit gut in der Praxis zeigen, dass eine klimafreundliche Straßenplanung doch möglich ist. Auch der ADFC vertraut darauf, dass es hier nicht bei einem Provisorium handelt.
Sollten diese Pläne doch wieder verworfen werden, ist es vielleicht an der Zeit, in einem dieser autofreien Orte sesshaft zu werden. So sehr wir uns alle wünschen, dass unsere Leben bald wieder zur Normalität zurückkehrt, auf Autolärm und Abgase können wir sicherlich alle verzichten!
Bei unserer Recherche zum Thema sind wir über dieses interessante Buch gestolpert: Städte für Menschen von Architekt und Stadtplaner Jan Gehl. Ein guter Ausgangspunkt, um etwas mehr über Stadtplanung nach menschlichem Maß herauszufinden.
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