Die Berliner Mauer

Die Mauern müssen weg!

Als Kind habe ich mich oft gefragt, warum die Staatsoberhäupter hinter dem Eisernen Vorhang keine Länder schaffen konnten, in denen Menschen leben und bleiben wollten. Ich fand es verrückt, sich so viel Mühe zu machen, Grenzen wie die Berliner Mauer zu bauen und seine eigenen Bürger zu bewachen. Als ich 10 Jahre alt war, hat sich keiner meiner Freunde weiter daran gestört. Als schwedisches Kind und Enkel ostdeutscher Flüchtlinge hatte ich aber eine etwas andere Sichtweise.

Grenzschild in der Nähe des Checkpoint Charlie in Berlin. Foto von Daniel B Hubbard.
Juli 1990, in der Nähe des Checkpoint Charlie in Berlin. Foto von Daniel B Hubbard.

Zu Besuch in Berlin

Mein erster Besuch in der DDR  war Mitte der 80er Jahre mit meiner Highschool-Abschlussklasse. Nach ein paar Tage im glitzernden Westberlin verbrachten wir den 1. Mai im Osten, wo wir uns die Mai-Paraden ansahen. Es war Tag der Arbeit, oder „Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“, wie er damals in der DDR hieß. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich nicht viel Heiterkeit in den Mienen der Menschen sah. Überall nur leere Gesichtsausdrücke. Die Einzigen, die fröhlich aussahen, waren Kinder, die auf den Schultern ihrer Väter mit ihren Fahnen schwenken. Zu jung, um zu verstehen.

Wir durften natürlich keinen einzigen Schritt ohne unsere Betreuer tun, also gab es viel Wartezeit. Abgesehen von einer Bustour durch die Stadt sahen wir leider nicht viel. Es ist seltsam sich vorzustellen, dass seit dem Mauerfall schon mehr Zeit vergangen ist, als es die Mauer überhaupt gegeben hat! Als ich aufwuchs, war die Mauer das Status Quo und die Baltischen Staaten sowie der Ostblock schienen so furchtbar weit weg.

Ein Mann klopft ein Stück aus der Berliner Mauer
Mauerspecht, Berlin, Juli 1990

Schwedische Fluchthelfer

Als der Mauerbau am 13. August 1961 begann, lebten oder studierten etwa 60.000 Berliner auf einer Seite der Mauer, lebten aber auf der anderen. Ich lese gerade das Buch “Flykten genom Berlin” (Die Flucht durch Berlin) von Karin Westin Tikkanens aus dem Jahr 2019. Es erzählt von Schwedischen Bürger, die im Stasi-Archiv aufgeführt sind. Auf der Westseite gab es eine große Untergrundbewegung, die versuchte, Studenten aus Ostberlin und Ostdeutschland zu befreien. Mein Vater verlieh seinen schwedischen Pass an die Organisation, damit sie Menschen herausholen konnten, die wie er aussahen. Viele andere Studenten in seinem Freundeskreis taten das gleiche. Einige taten auch viel mehr. Natürlich war es illegal und wer sich erwischen ließ, wurde vor Gericht bestraft. Aber das war eine kleine Strafe im Vergleich zu dem Leid, das die herausgeschmuggelten Menschen erleiden mussten.

"Flykten genom Berlin" von Karin Westin Tikkanen und "The Berlin Wall 1961-1989"
Lesestoff: “Flykten genom Berlin” von Karin Westin Tikkanen und ‘The Berlin Wall 1961-1989″, ein paar Stückchen echter Berliner Mauer. Ein Becher Kaffee darf natürlich nicht fehlen!

Meine Mutter ist in Thüringen geboren, daher war ihr Reisepass für diese Zwecke nutzlos. Als deutsche Muttersprachlerin konnte sie aber trozdem helfen. Sie nahm den Zug von Lund nach Hamburg, um einen Stapel Pässe an die Organisatoren in Berlin zu schicken. Einige Freunde taten viel mehr und Leif Persson war der erste Schwede, der in der DDR wegen Abwerbung von DDR-Bürgern verhaftet wurde. Es ist eine faszinierende Geschichte darüber, wie die Bewohner eines ganzen Dorfes halfen, Menschen zu befreien. Sie mussten ihre Methoden ständig neu erfinden und verfeinern. Wenn wir Geschichten über wilde Fluchtversuche hören, vergessen wir, dass es höchstwahrscheinlich auf beiden Seiten ganze Netzwerke von Helfern gab, die den Erfolg ermöglichten.

Ein Loch in der Berliner Mauer rahmt perfekt das Reichstagsgebäude auf der Westseite ein.
Ein Loch in der Berliner Mauer rahmt perfekt das Reichstagsgebäude auf der Westseite ein. Foto: Daniel B Hubbard, Jul 1990.

Heute vor 30 Jahren, am 3. Oktober 1990, war der Prozess der deutschen Wiedervereinigung offiziell abgeschlossen und wird heute als Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Lasst uns die Mauern der Welt klein halten, aber nicht den Schmerz vergessen, der durch große Mauern entsteht.

Elisabeth

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